Donnerstag, 15. Januar 2015

Das Jojo aufrollen

 Mein kleines Herz geht auf die Reise.

Auch wenn es weiß, es kommt nie an.

Es gibt und gibt nicht auf und singt sich heiser.

Nur damit du weißt, wo du, wo du mich finden kannst.

~Senore Matze Rossi~


Den größten Teil meiner Lebensspanne bin ich so durch die Welt gepummelt.
Ich war ein mopsiges Kind. Mit Grausen denke ich an die fürchterlichen Gymnastikanzüge, die wir bei diesen seltsamen Turnevents tragen mussten, bei denen die nichtssagenden Ortschaften im Umkreis meines Heimatkaffs miteinander konkurrierten.
Ich bekam Sätze zu hören wie "Dicke Frauen kriegen keinen Mann ab" (was mich mit 13 eigentlich noch nicht so arg beschäftigte, aber sich scheinbar trotzdem irgendwo in mir festsetzte) und wurde andererseits mit Nutella-Brötchen, Würstchen mit Ketchup und Vienettaeis gefüttert.
Mit 17 fing ich an, abzunehmen. Mit meinem niedrigsten Gewicht von 60 kg auf 164 cm war ich immer in sicherem Abstand vom Untergewicht und trotzdem wechselten die Aussagen innerhalb kürzester Zeit auf "Jetzt reicht es aber", "Du bist ja bald nicht mehr da" und Ähnliches (am Lautesten waren natürlich - zumindest gefühlt - diejenigen, die zuvor kritisiert hatten). Auf die Idee, dass es darauf ankommen müsste, wie ich mich fühle, kam ich nur im Ansatz. Vorrangig blieb mir der Eindruck: Ich bin falsch und was und wie ich (mich) fühle, ist verkehrt.
Eine ganze Weile war ich dann scheinbar trotzdem auf dem richtigen Weg: Mit meinen Canastafreunden futterte ich ständig Unmengen M&M's, ging dreimal die Woche joggen und mein Gewicht war überhaupt kein Thema, sondern war einfach da und im Normalbereich.

Als ich mir dann den KB (seines Zeichens Mann) klargemacht hatte, wurde mein Gewicht plötzlich aktiv und arbeitete sich stetig aufwärts. Insgesamt 10 Kilo nahm ich schleichend zu. Ob das nun allein daran lag, um den Glaubenssatz mit den dicken Frauen auszutesten, müsste mal jemand, der sich mit Zychologie auskennt, überprüfen... (Wenn man sich dann eh schon fett fühlt, kann man natürlich die Ernährung zusätzlich schleifen lassen. Irgendwas Schönes braucht man im Leben ja auch - noch so ein dämlicher widersprüchlicher Glaubenssatz, den ich früh lernte: Essen (insbesondere Süßigkeiten) ist Belohnung.) Ein Versuch, meinen Schokoladen- und Zuckerkonsum drastisch zu reduzieren, um einen Schub in die andere Richtung zu bekommen, brachte mir nochmal 2 Kilo mehr ein, die sich zu allem Überfluss hartnäckig hielten.

Mit der veganen Ernährung und meinem wiederentdeckten Laufen habe ich 5 Kilo abgenommen und bekomme die gleichen Sachen zu hören, wie früher. Einige loben, andere sehen schon die Magersucht am Horizont winken.
Zumindest im Bereich meines Körperumfangs kann ich mir heute ein Ei drauf pellen, ob und wie es andere finden.

Dieser Artikel ist nicht dazu gedacht, rumzujammern oder irgendwelche Schuld irgendwem zuzuweisen. Ich habe in meinem Leben über das Essen Dinge gelernt, die nicht besonders hilfreich waren. Zudem waren sie wahrscheinlich nicht beabsichtigt und mir meist auch nicht bewusst.
Ich habe über Essen aber auch was gelernt, was ich nicht missen möchte. Nämlich: Es mir schmecken zu lassen - und das ist vielleicht die Kehrseite von "Essen als Belohnung".
Das Schmecken-Lassen möchte ich noch ausbauen. Immer öfter bewusst essen, hinschmecken und damit auch Platz machen für die Wahrnehmung, wann ich genug habe und nur noch aus Spaß an der Freude weiteresse.
Im Moment sitze ich krank zu Hause und bisher dachte ich, dass das Schlimmste am Kranksein Appetitlosigkeit ist. Keinen Hunger haben, das kann ich ertragen. Dann schlafe ich halt.
Schlimm finde ich, wenn ich hungrig bin und keine Lust auf Essen habe.
Nun habe ich noch eine Steigerung entdeckt: Schlimmer als Appetitlosigkeit ist für mich, wenn ich nichts schmecke!
Es hält jetzt schon einige Tage an und frustriert mich zunehmend. Ich hatte einen Japp auf Schokolade und habe mir ein leckeres Teilchen ausgesucht - dann stecke ich es in den Mund und.... nichts. Es ist da, es schmilzt, aber... verdammte Hacke, ich schmecke nichts! Das deprimiert mich.

"Wenn du nicht willst, nehm ich den Kaffee..."
Und es macht mir klar, wie wichtig Geschmack für mich ist und warum mir Essen Spaß macht. Das ist nämlich auch etwas, das ich gelernt habe und eine tolle Ressource. Denn etwas Lebenswichtiges gern zu tun, das ist großartig!

Vielleicht nutze ich die nächsten Tage, lauter Sachen zu essen, die gesund sind und die ich eigentlich nicht mag, z.B. Rosenkohl und Rote Beete.

Sonntag, 4. Januar 2015

Wie Peter Pan mir beim Laufen half

alle drei minuten

denk ich dies und das

und alle paar minuten

fehlt mir irgendwas 

~Spaceman Spiff~ 


Das Denken spielt beim Laufen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das merkt man schon, bevor man überhaupt läuft. Da denkt man nach, ob das Wetter nicht doch zu schlecht ist, die Wohnung nicht doch dringend geputzt werden müsste oder der Rücken nicht doch ein bisschen zu sehr ziept...

Bis einen Tag vor Ende 2014 habe ich gedacht, dass ich noch weitweit weg bin von meinem Ziel, im Oktober 10 Kilometer laufen zu können. Beim virtuellen Spendenlauf für ein Kuhaltersheim habe ich dann herausgefunden, dass ich doch schon länger durchhalte, als ich mir zugetraut habe.
Ich: "Eigentlich hatte ich 8 Kilometer geplant, aber ich bin dann doch 9 gelaufen."
KB: "Ach cool, hattest du die 8 voll und hast gemerkt, dass du noch kannst?"
Ich: "Nein, ich hatte die 8 voll und war noch nicht wieder Zuhause..."


Nach dieser Aktion laufe ich die kürzeren Runden von ca.6 Kilometern gleich viel entspannter und habe dabei beobachtet, wieviel Auswirkungen meine Gedanken auf meine Herzfrequenz (die ich im Interesse eines herzfreundlichen Trainings per Pulsuhr überwache) haben.
Ungünstig sind z.B. Gedanken
- daran, was ich noch alles zu erledigen habe
- an die Arbeit
- daran, dass meine Herzfrequenz zu hoch ist und ich mich jetzt echt mal entspannen muss!

Ich habe also experimentiert, welche Gedanken mich innerlich ruhiger werden lassen. Und nach Möglichkeit welche, die ich auch länger "festhalten" kann - das fällt mir bei statischen Bildern (z.B. einem Wohlfühlort wie bei einer Meditation) ziemlich schwer: vorgestellt, fertig!
Aus irgendeinem Grund fiel mir ein Salatblatt ein - das war ein guter Gedanke! (Gegenprobe (vegan): Salatgurke oder Möhre waren nicht so gut.) Aber das Problem am Salatblatt war dann wieder, dass es einfach nur so da ist. Vorgestellt, fertig!
Dann habe ich an Snufkin gedacht.

Was ist denn bitte entspannender als eine schnurrende Katze? Funktionierte aber auch nicht, weil mir dazu "der innere Film" fehlte, irgendwie. Aber ein Tier könnte schon was sehr Entspannendes für mich sein, merkte ich.
Da fiel mir die Schildkröte auf meinem T-Shirt ein. Und ich sah vor meinem inneren Auge eine Schildkröte durch Gras stapfen - und dann fand sie mein Salatblatt und aß es auf! 
Das ist er nun also, mein wunderbarer Gedanke: Eine Schildkröte, die ein Salatblatt kaut.